Heilungsraum: Wenn sich Bindungstrauma auf den Therapeuten projiziert

An dem ein oder anderen Punkt in der Traumatherapie nach der Deep-Connect-Methode® (DCM®) überträgt sich das Bindungstrauma des Klienten auf den Therapeuten.

Der Bindungskonflikt in dem hilfesuchenden Menschen kommt in diesem Moment an die Oberfläche!

Das passiert für den Klienten in der Regel absolut unbewusst. Der DCM-Therapeut muss diesen Heilungsraum dagegen erkennen, damit effektiv arbeiten und diesen Raum vor allem halten können.

Deswegen ist es zwingend notwendig, dass ein DCM-Therapeut selbst frei von bindungstraumatischen Folgen und Reaktionsmustern ist.

Denn nur so kann er neutral auf die Projektion reagieren, die richtigen Schritte initiieren und verhindern selbst daran zu zerbrechen.

Projektion von Bindungstrauma” ist die Königsdisziplin für Therapeuten und gleichzeitig der größtmögliche Heilungsraum und dadurch eine gewaltige Chance für eine rasend-schnelle Veränderung und komplette Transformation des Denkens, Fühlens und Handelns in kurzer Zeit.

Die Schuld-Übertragung

Wenn ein Klient eine unbewusste Schuld-Verzerrung mit sich herumträgt, wird sich diese bei der DCM® früher oder später auf den Therapeuten übertragen.

Dazu ein paar Beispiele:

  • “Du tust so viel für mich, ich habe das Gefühl, ich gebe dir nichts zurück.”

  • “Wenn du etwas von mir brauchst, sag mir Bescheid.”

  • “Ich habe das Gefühl, dass ich dich ausnutze.”

  • “Ich würde dir gerne mehr Geld bezahlen.”

  • “Es tut mir leid, dass ich deine Zeit zu sehr in Anspruch nehme.”

  • “Ich hätte mich in der Sitzung mehr anstrengen müssen.”

  • “Habe ich dich mit meiner Aussage verletzt?”

  • “Du bist jetzt bestimmt sauer auf mich, oder?”

  • u.s.w.

Diese und ähnliche Ideen haben mit dem Therapeuten rein gar nichts zu tun. Sie spiegeln lediglich die Erfahrungen aus der Kindheit wider.

Denn als Kind wurde den Menschen mit dieser Struktur auf die eine oder andere Weise “Schuld” suggeriert.

Vielleicht hatte die Mutter Dinge gesagt wie Folgende:

  • “Ich tue alles für dich und du bist so undankbar.”

  • “Du machst mich krank.”

  • “Ich bin enttäuscht von dir.”

Oder sie hat die Schuld anderweitig suggeriert:

  • Missachtung bei Widerspruch

  • Aufmerksamkeit nur bei Folgsamkeit

  • Kopfschütteln und Seufzen, wenn Anforderungen nicht erfüllt wurden

  • usw.

Im Nervensystem des Kindes kommt an: “Wenn ich mich nicht so verhalte, wie es von mir erwartet wird, bin ich schuld. Und dieses Gefühl ist unerträglich.”

Sobald Bindung und Kontakt zu Stande kommen, wird sich die Schuld-Verzerrung in Erwachsenen-Beziehungen zeigen.

Gerade Menschen mit narzisstischen und manipulativen Charaktermerkmalen werden das gnadenlos ausnutzen.

So wird sich die Schuld-Verzerrung immer weiter steigern.

Auch im Kontakt zwischen dem Klienten und dem DCM-Therapeuten, werden sich die unintegrierten Schuldgefühle offenbaren.

Doch statt diese Schuld auszunutzen, wird der Therapeut mit den Gefühlen und den Projektionen traumatherapeutisch arbeiten. (mehr dazu in diesem Artikel)

Die Wut-Übertragung

Unterdrückte Wut kann sich z.B. in Form von Vorwürfen, Schuldzuweisung, verbalen Entgleisungen, Fruststration, passive Aggressivität, Sarkasmus, Gereiztheit oder Rückzug auf den DCM-Therapeuten übertragen.

Das stellt für den Therapeuten eine Herausforderung dar, jedoch handelt es sich zugleich um einen wundervollen Heilungsraum, der genutzt werden darf.

An dieser Stelle zeigt sich, ob der Therapeut sein eigenes Bindungstrauma gelöst hat und ob er damit in der Lage ist unverzerrt, authentisch und wahrhaftig im Kontakt zu bleiben.

Ein Therapeut, der:

  1. so tut, als wenn es ihn gar nicht tangieren würde und seine eigenen Gefühle unterdrückt

  2. in eine Defensivreaktion verfällt (Gegenangriff, (emotionaler) Rückzug, Manipulation, Ignorieren, Totstellen…)

der kann dem Klienten an dieser Stelle nicht helfen, sondern wird das Bindungstrauma eher statuieren.

Das ist einer der vielen Gründe, warum die wichtigste Eigenschaft des DCM-Therapeuten ist, dass er sein eigenes Bindungstrauma gelöst hat!

Sobald sich die Wut auf den Therapeuten übertragen hat, geht es darum:

  1. dies überhaupt zu registrieren

  2. die Projektion richtig einzuordnen

  3. das Gefühl zu adressieren

  4. die Emotion in die richtige Richtung zu lenken

  5. die Wut zu integrieren

Wut zu integrieren ist eine höchstgradig individuelle Angelegenheit.

Was für das eine System heilsam ist, ist für ein Anderes retraumatisierend.

Dementsprechend muss der DCM-Therapeut genau wissen, welche Form der Wut-Integration indiziert ist.

Beispiel: Ein Mensch, der Wut normalerweise direkt ausagiert, braucht z.B. eine andere Form der Integration als jemand, der passiv-aggressiv ist.

Weitere Projektionen

Schuld und Wut habe ich als Beispiel verwendet. Jedoch können sich auch andere Gefühle und Ideen aus dem Bindungstrauma auf den DCM-Therapeuten übertragen, wie:

  • Angst vor Verlust oder Distanzierung

  • Hoffnungslosigkeit

  • Angst vor Konflikten oder Angriffen

  • Angst davor ignoriert zu werden

  • Ohnmacht

  • Unsicherheit

  • Eifersucht

  • Neid

  • Scham

  • Misstrauen

  • Angst vor Manipulation

  • Angst vor Bestrafung

  • Kontrollverlust

  • Überforderung

  • usw.

Je nach dem, wie die Erfahrung als Kind war. Ein paar Beispiele dazu:

Hoffnungslosigkeit: als Kind war die Situation tatsächlich hoffnungslos. Es gab keine Chance aus der “Hölle” zu entfliehen. Man konnte sich keine neuen Eltern suchen und wirklich etwas verändern konnte man ebenfalls nicht. Diese reale Erfahrung von Hoffnungslosigkeit kann sich auf den DCM-Therapeuten projizieren. Ein wunderbarer Heilungsraum, um die bindungstraumatische Erfahrung heute zu realisieren.

Unsicherheit: Als Kind hat man die Erfahrung gemacht, dass man immer aufpassen musste, was man sagt und was man tut. Denn hatte man (unbewusst) etwas “falsch” gemacht, folgte eine plötzliche Bestrafung. Diese grundsätzliche Unsicherheit kann sich auf den DCM-Therapeuten übertragen.

Misstrauen: Wenn der Klient (ohne realen Grund) immer überprüft, ob man dem Therapeuten wirklich vertrauen kann, dann wurde das Vertrauen als Kind wahrscheinlich missbraucht. Vielleicht wurden Verbindlichkeiten und Zusagen von den Eltern nicht eingehalten. Oder die Eltern zeigten inkonsistentes Verhalten, lügten oder es fehlte einfach an emotionaler Unterstützung.

Wie kann der Therapeut diesen Heilungsraum nutzen?

Sobald sich das Gefühl oder die Idee auf den DCM-Therapeuten übertragen hat, eröffnet sich der größtmögliche Heilungsraum.

Jetzt ist die Qualität des Therapeuten gefragt. Denn es geht nun um eine Kombination aus:

  • unverzerrtem, direkten in Kontakttreten (der Therapeut muss absolut bindungs- kommunikations- und kontaktfähig sein)

  • der Vertiefung des Kontakts (Deep-Connect-Methode)

  • und den richtigen Methoden (Traumatherapie-Expertise)

In der DCM® nutzen wir Therapie-Methoden, welche Gefühlsräume und Projektionen direkt adressieren können, wie:

  • Compassionate Inquiry® nach Dr. Gabor Maté

  • MBT® nach Dr. Peter Fonagy und Dr. Anthony Bateman

  • TA® nach Dr. med. Eric Berne

  • Schema-Therapie® nach Dr. Jeffrey Young

Wenn du dich jetzt noch mehr über die Deep-Connect-Methode informieren möchtest, dann klick gerne mal auf den Button hier:

Alexander Bohley

hilft Menschen aus Bindungs- und Entwicklungstrauma

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